Auf dem Indianapolis Motor Speedway fand am Samstag die Indy Autonomous Challenge statt – als vollständig fahrerloses Autorennen. Neun Teams von Universitäten aus aller Welt traten mit durch Künstlicher Intelligenz (KI) gesteuerten Rennwagen gegeneinander an. Das Team der Technischen Universität München (TUM) fuhr mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 218 Stundenkilometern die schnellste Zeit im Finale. Damit sicherten sich die jungen Forscher den ersten Platz und das Preisgeld von einer Million US Dollar.
Es war ein ganz besonderes Rennen, das am Samstag auf dem Indianapolis Motor Speedway stattfand. Denn die Rennwagen wurden nicht von Menschen gesteuert, sondern von Computern. Universitäten aus der ganzen Welt waren aufgerufen, auf Künstliche Intelligenz basierende Systeme zu entwickeln, um die Rennwagen autonom auf der Rennstrecke fahren zu lassen. Ausgerichtet wurde der Wettbewerb vom gemeinnützigen Energy Systems Network und dem Indianapolis Motor Speedway. Hauptziel des Rennens war es, die Technologieentwicklung für autonomes Fahren und fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme voranzutreiben.
Bereits die Teilnahme an dem Rennen ist ein Erfolg. Denn nur neun Teams wurden zugelassen, die TUM nahm mit ihrem Team „TUM Autonomous Motorsport” als einzige Universität aus Deutschland teil. Dabei erreichte das Auto der jungen Forschenden der TUM eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 218 Stundenkilometern. „Wir sind super glücklich mit diesem Ergebnis“, sagt Teammanager Alexander Wischnewski. „Unser Ziel war es, über 200 km/h zu erreichen und das haben wir geschafft.“ Den zweiten Platz erreichte das „EuroRacing“, ein Gemeinschaftsteam aus der University of Modena and Reggio Emilia, University of Pisa, ETH Zürich und der Polish Academy of Sciences.
Extrem schnelle Reaktion nötig
„Die Anforderungen, die bei der Indy Autonomous Challenge an ein Fahrzeug gestellt werden, sind enorm“, erklärt Wischnewski. „Anders als im normalen Straßenverkehr gibt es so gut wie keine Regeln, das Verhalten der anderen Fahrzeuge ist daher schwer vorhersehbar. Bei Geschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern muss die Software extrem schnell auf Veränderungen reagieren.“
Der Bordcomputer erfasst und analysiert dabei in Sekundenbruchteilen alle Informationen, die Kameras, LIDAR-Sensoren, GPS-Empfänger und Radarsensoren liefern. Mithilfe der Daten werden Prognosen darüber erstellt, wohin sich die anderen Fahrzeuge bewegen, um Entscheidungen zu treffen, die als Fahrbefehle an Lenkung oder Bremsen gegeben werden.
Realitätsnahe Simulationen
Anderthalb Jahre haben rund 60 Doktoranden und Studierende des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik und des Lehrstuhls für Regelungstechnik der TUM an einer Software-Architektur gearbeitet, mit der sich diese Aufgaben sicher und auch schnell lösen lassen. Dabei konnten sie auf Erfahrungen früherer Projekte zurückgreifen. So hatte das TUM Autonomous Motorsport Team 2018 bei den Roborace-Demonstrationen beim Formula-E Event in Berlin und 2019 auf der Rennstrecke im spanischen Monteblanco teilgenommen. Trotzdem musste aufgrund der veränderten Bedingungen und Regeln des aktuellen Rennens eine völlig neue Software entwickelt werden.
„Wir haben sehr viel Zeit und Energie in die Simulation des Rennwagens und der Rennstrecke gesteckt“, sagt Wischnewski. Eine große Herausforderung war es dabei, die Sensoren wie etwa optische Kameras und Laser digital nachzubilden. Auch hatten es die Forschenden und Studierenden geschafft, Rennen mit bis zu acht autonomen Rennfahrzeugen zu simulieren. „Wir konnten durch die virtuellen Rennen bereits viele Fehler erkennen und beheben. Und so hatten wir auch den Vorteil, dass die Übertragung der Software auf das reale Auto für uns kein großes Problem war.“
Lösungen auf den Straßenverkehr übertragbar
Der Sieg beim Rennen in Indianapolis ist für das Team ein großer Erfolg. Aber den Forschenden geht es um mehr, betont Wischnewski: „Wir können im Rennen die schnelle Reaktion eines autonomen Fahrzeugs auf unvorhergesehene Ereignisse bei hohen Geschwindigkeiten testen und optimieren. Diese Erfahrungen bringen uns bei der Entwicklung sicherer autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr einen großen Schritt weiter.“
Ein weiterer wichtiger Aspekt: „Wir konnten viel darüber erfahren, wie einzelne Teile der Software zusammenspielen. Forschungsprojekte konzentrieren sich oft auf wenige konkrete Fragestellungen. Wir haben die Chance zu sehen, welche Probleme sich ergeben, wenn man das komplette System betrachtet.“
TUM-Präsident Thomas F. Hofmann gratulierte zum Sieg: „Das ist ein fantastischer Erfolg unseres TUM-Teams – herzliche Gratulation! Er stellt abermals unter Beweis, dass Deutschland mit der Kombination aus Neugier, Teamgeist und ingenieurwissenschaftlicher Systemintegration auch in Zukunft die Nase vorn haben kann. Erst der viermalige Sieg im Hyperloop-Wettbewerb, dann vor kurzem der grandiose Erfolg von TUM-Boring, und jetzt die Indy Autonomous Challenge – bei jedem dieser hochkarätigen, globalen Wettbewerbe sind Teams der TUM als Sieger vom Platz gegangen. Darauf können wir alle stolz sein.“
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